Islamische Morgengabe, insbesondere im Verhältnis zum Iran

Mit der Morgengabe, versprochen bei der Heirat und festgelegt durch Abreden im Ehever- trag, sagt der Ehemann seiner Frau Leistungen zu, die er unter den dort genannten Vorausset- zungen erbringen will (bei der Ehescheidung: Abendgabe, dazu OLG Hamm, NZFam 2016, 33 mit Bespr. Althammer NZFam 2016, 1022). Dabei können die Beträge, zu deren Zahlung er sich verpflichtet, hoch sein, wobei im Allgemeinen zunächst Goldmünzen versprochen werden (ganze Münzen, teilweise über 500 oder, besonders romantisch, dem islam. Geburts- datum der Ehefrau entsprechend). Dabei müssen wir uns zunächst mit der Rechtsanwendung selbst beschäftigen. Welche Bestimmungen sind maßgeblich? Dt. oder iran. Regeln? Der BGH hat sich bekanntlich für eine ehewirkungsrechtliche Behandlung entschieden, Art. 14 EGBGB, FamRZ 2010, 533. Damit will er erreichen, dass die Rechtsanwendung „flexibel“ bleibt und nachträglichen Veränderungen in den persönlichen Verhältnissen der Eheleute folgt. Güterrechtliche Rechtsbeziehungen sind verbindlich festlegt auf den Zeitpunkt der Ehe- schließung, Art. 15 Abs. 1 EGBGB. Teilweise ist allerdings auch Art. 14 Abs. 1, etwa in Abs. 1 Nr. 2 EGBGB unwandelbar ausgestaltet, wenn die letzte gemeinsame gewöhnliche Staats- angehörigkeit entscheiden soll, wobei Art. 17 Abs. 1 EGBGB a. F. für die Scheidung aus un- serer Sicht das Recht für anwendbar erklärte, das bei der Antragstellung im Scheidungsver- fahren für die persönlichen Ehewirkungen maßgeblich wird/war. Gleichwohl war bisher weit- gehender Gleichlauf von
– Ehescheidung
– Unterhalt und
– Morgengabe „hergestellt“, allerdings von vorneherein im Iran mit einigen Ausnahmen. Vie- les ist in der Zwischenzeit aber anders. Deshalb sollten wir uns auch nach anderen Regeln ausrichten. Der Auffassung des BGH, FamRZ 2010, 533, folgt nun ausdrücklich auch das OLG Frankfurt in einer neueren Entscheidung, NZFam 2016, 1112, allerdings ohne sich mit den weiteren Auswirkungen wirklich zu beschäftigen. Denn wenn die Beteiligten
– iran. Staatsangehörige sind oder
– beide gemeinsam als letzte Staatsangehörigkeit die zum Iran gehabt haben, wird iran. Recht entscheidend, ohne dass wir weitere Einschränkungen vornehmen. So entstehen merkwürdige Brüche. Im Scheidungsverfahren gilt nach Art. 8 VO Nr. 1259/2010 bei gewöhnlicher Auf- enthaltsnahme in Deutschland dt. Scheidungsrecht, wenn die Eheleute keine Rechtswahl ge- troffen haben, wobei diese Regeln im Verhältnis zum Iran wiederum durch das dt.-iran. Nie- derlassungsabk. verdrängt waren/sind, doch nur in seinem eigenen Anwendungsbereich, fest- gelegt auf die (nur) dt. oder (nur) iran. Staatsangehörigkeit der Beteiligten. Hat einer von ihnen gewechselt und eine andere Staatsangehörigkeit zur (dt. oder iran.) hinzu erworben, gilt das Abkommen dagegen nicht. Dann werden unsere allg. Vorschriften zur Rechtsanwendung Grundlage. Also kann die Frau
– Unterhalt (vielleicht) nach dt. Recht erhalten,
– wird nach dt. Recht geschieden, wenn beide Gatten keine Rechtswahl getroffen haben, die vorrangig ist, Art. 5 VO Nr. 1259/2010,
– und sie kann den dt. Versorgungsausgleich für sich in Anspruch nehmen,
– wobei sie gerade nach der Auffassung des OLG Frankfurt zudem Ansprüch auf die ur- sprünglich vereinbarte Morgengabe hat, weil insoweit iran. Ausgangsrecht (oder ein anderes islam. Recht, wenn nicht der Iran betroffen ist) maßgeblich sein soll.
So wird sie in erheblichem Maße begünstigt, denn nach den Regeln, die ursprünglich für bei- de Teile gegolten haben, hätte sie nur einen schlechteren Unterhaltsanspruch gehabt und meist keine güterrechtlichen Ausgleichsforderungen, weil durchgängig gesetzlicher Güterstand die Gütertrennung ist (so etwa auch im Iran). Andere Gerichte nehmen deshalb Korrekturen vor, teilweise über § 138 Abs. 1 BGB (sittenwidrige Zusage, zu großen Teilen allerdings eine ab- wegige Vorstellung), dann über eine inhaltliche Kontrolle der Leistungsvereinbarung nach Grundsätzen der Prüfung von Eheverträgen wie sie auch sonst bei uns üblich ist, Beispiel da- für: AG Hanau, 63 F 2023/14 RI, mit Beschwerde zum OLG Frankfurt, 3 UF 279/15, über die bisher noch nicht entschieden ist. Ruinöse Leistungsversprechen, und im Iran wird dabei durch ein besonderes Gesetz die Vollstreckbarkeit eingeschränkt (wenn die Zulage mehr als 110 Goldmünzen erfasst), sollten wir von vorneherein und ohne weitere Einschränkung mit § 138 Abs. 1 BGB begegnen. Insoweit sind auch Freiheitsrechte bei uns betroffen, die wir aus Art. 6 Abs. 1 GG ableiten lassen, sodass selbst auf der Kollisionsebene, Art. 6 EGBGB, Ein- schränkungen vorzunehmen sind. Dort ist die Eheschließungsfreiheit geschützt; dazu gehört auch die „negative“ Freiheit, sich aus einer gescheiterten Ehe „befreien“ zu können, etwa um eine neue Ehe einzugehen. Sonst sollten wir § 313 BGB heranziehen, Wegfall der Geschäfts- grundlage oder Anpassung der Vereinbarung an spätere Veränderungen, um die notwendige, inhaltliche Abstimmung zu erreichen. – In Kürze werde ich in Familie und Recht 2017 im Einzelnen berichten. Vorläufig darf ich auf die Arbeit von Yassari, Die Brautgabe im interna- tionalen Vermögensrecht hinweisen, 2014, erschienen im Mohr-Verlag in Tübingen.



Eingestellt am 29.01.2017 von Dr. Peter Finger
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