Scheidung im Ausland; Anerkennung in Deutschland

Eheleute lassen sich häufig im Ausland scheiden, wobei unterschiedliche Gründe eine Rolle spielen, etwa schnellere Verfahrensabläufe, geringe Kosten oder aber vielleicht auch der Wunsch, dem deutschen Trennungsjahr auszuweichen, wenn dort anderes Recht zur Anwendung kommt. In Deutschland muss dann ein besonderes Verfahren zur Anerkennung betrieben werden, § 107 ff FamFG. Zuständig ist die Landesjustizverwaltung oder der OLG Präsident / die OLG Präsidentin, in Hessen also das OLG Frankfurt. Dort muss der Antrag vorgestellt werden, wobei die Präsidentialabteilung des OLG in einem eigenen Verfahren entscheidet. Gegen eine Regelung dort kann Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt werden, wiederum beim Oberlandesgericht, in Hessen beim OLG Frankfurt. Bis zur Anerkennung in Deutschland, die lange dauern kann, ist ein ausländisches Scheidungsurteil / ein ausländischer Scheidungsbeschluss für uns ohne weitere rechtliche Wirkung. In dieser Zeit kann ein Ehegatte, der nach ausländischen Recht schon geschieden ist, bei uns in Deutschland eigene Forderungen stellen, etwa Unterhalt für die Dauer des Getrenntlebens - er gilt als getrenntlebend – oder Zugewinnausgleich, wenn beides bisher im Ausland noch nicht geregelt ist (oder eine Entscheidung dort die Anerkennung fehlt). Im Übrigen kann er auch Forderungen zum Versorgungsausgleich stellen, Art. 17 Abs. 4 EGBGB. Verstößt die ausländische Entscheidung gegen unsere grundsätzlichen Vorstellungen – etwa die Verstoßentscheidung des Ehemannes nach islamischem Recht, wenn sich die Ehefrau gegen sie wehrt – und ist einer der Beteiligten deutscher Staatsbürger, scheidet die Anerkennung aus, wenn die Scheidung im Ausland „privat“ erfolgt ist, das gilt auch für schwere Verfahrensfehler, etwa wenn der Ehemann erreicht, dass die Frau im Verfahren im Ausland nicht beteiligt wird und / oder von der Entscheidung nichts erfährt, etwa indem er eine falsche Anschrift angibt. Dann muss anschließend ein eigenes Verfahren zur Scheidung in Deutschland geführt werden, das sich (nur) nach deutschen Rechtsvorschriften richten kann, zu denen dann allerdings auch über Art. 17 Abs. 2 EGBGB Neufassung die Bestimmungen der VO Nr. 1259/2010 zählen, weil der deutsche Gesetzgeber das so entschieden hat. In einem Fall mit Verbindungen zu Syrien, Sahyouni, hat der Europäische Gerichtshof nämlich festgehalten, dass die Bestimmungen der VO Nr. 1259/2010 keine unmittelbare Anwendung finden. Darauf hat der deutsche Gesetzgeber reagiert und Art. 17 Abs. 2 EGBGB geändert bzw. neu gefasst. Das ist möglich. Dabei gilt die Vorschrift auch „rückwirkend“, wenn die Sache in Deutschland betrieben wird, dazu BGH, FamRZ 2020, 1811.
Zur „Anerkennung ausländischer Ehescheidungen“ in Deutschland habe ich im FamRB 2020, 456 eine längere Arbeit geschrieben, die beim Verlag erhältlich ist, wenn weiteres Interesse besteht. Sie beschäftigt sich mit den verfahrensrechtlichen Abläufen bei uns und den verschiedenen Möglichkeiten, noch während der „Anerkennungszeit“ Ansprüche bei Gericht durchzusetzen. Manchmal empfiehlt sich deshalb, neben dem Antrag auf Anerkennung der ausländischen Entscheidung, Scheidungsantrag in Deutschland zu stellen. Dann ist die Sache auszusetzen, bis über die Anerkennung tatsächlich entschieden ist, so hat es das OLG Frankfurt vor kurzem entschieden. Dann ist jedenfalls gesichert, dass erbrechtliche Regelungen nicht erst durch das spätere Scheidungsverfahren ausgelöst werden, sondern schon jetzt, wenn die Anerkennung der ausländischen Entscheidung ausscheidet und der entsprechende Antrag hier in Deutschland abgewiesen wird.