Islamische Morgengabe

In islamischen Ländern sind Ehefrauen nach der Ehescheidung häufig nicht sonderlich gut gestellt, wenn wir einen Vergleich mit unseren Regeln anstellen. Güterrechtliche Ansprüche können sie durchgängig nicht geltend machen, weil gesetzlicher Güterstand die Gütertrennung ist, und nur ausnahmsweise kann im Ehevertrag etwas anderes vereinbart sein (im Iran ist z. B. üblich, den Ehemann zu verpflichten, bei der Ehescheidung die Hälfte seines Vermögens an seine Frau abzugeben, während die Abrede „bis zur Hälfte“ bei uns als ungenau gilt und nicht durchgesetzt werden kann). Unterhalt ist oft auf kurze Übergangszeiten beschränkt. Anderseits ist die Zusage einer „Morgengabe“ verbreitet, also eines meist größeren Geldbetrag, den die Frau bei der Heirat oder der Scheidung erhält. Im Iran ist dabei der Bezug auf ihr islamisches Geburtsdatum verbreitet, so dass in dieser Anzahl Goldmünzen zugesagt werden, eine Viertel, eine halbe oder ganze Münze (Bahadi-Azari). Mit diesen Versprechen haben wir in Deutschland manche Schwierigkeiten, weil die rechtliche Einordnung schwerfällt. Im Übrigen erscheinen sie uns nicht ganz selten unangemessen hoch, weil damit die Eheschließungsfreiheit beeinträchtig wird (Eheschließungsfreiheit schließt auch ein, eine nicht mehr als sinnvoll empfundene Ehe auflösen zu können). Vor kurzem hat für solche Leistungszusagen der BGH entschieden, dass notarielle Beurkundung notwendig wird, wenn deutsches Recht Anwendung findet. Da sich Art. 14 EGBGB geändert hat, aber über diese Bestimmung die Morgengabe (kollisionsrechtlich) bei uns einzuordnen ist, kommt bei einer gerichtlichen Auseinandersetzung bei uns häufig unsere Rechtsgrundlage zur Anwendung, so dass wir von besonderer Form (notarielle Beurkundung) ausgehen müssen, die der BGH verlangt. Im Verhältnis zum Iran ist das allerdings anders. Sind beide Beteiligten nur iranische Staatsangehörige, richten wir unsere Rechtsanwendung nach dem deutsch-iranischen Niederlassungsabkommen 1929 aus, so dass für die Eheleute und die vereinbarte Morgengabe auch in Deutschland iranisches Recht maßgeblich wird. Haben die Beteiligten neben der iran. noch eine andere Staatsangehörigkeit, gelten dagegen unsere allgemeinen „Anwendungsregeln“, denn das besondere Abkommen von 1929 bleibt ohne Bedeutung. Dann wird deutsches Aufenthaltsrecht für sie maßgeblich, Art. 14 Abs. 2 Nr. 1 EGBGB, n. F., wenn sie für ihre persönlichen Ehewirkungen keine anderen Absprachen getroffen haben, und das ist nach der Neuregelung auch bei uns möglich, Abs. 1.

Im Verhältnis zum Iran hat das Oberlandesgericht in Hamburg, FamRZ 2020, 137 vor kurzem entschieden, eine im Verfahren in Deutschland dem anderen Ehegatten abgegebene Erklärung (hier: der Ehefrau), an einer islamischen Scheidung im iranischen Konsulat bzw. im islamischen Zentrum in Deutschland teilzunehmen, könne der Mann bei uns nicht einklagen aus ihr vollstrecken. Sie wollte (wohl) im Iran Ansprüche auf Zahlung einer Morgengabe durchsetzen, hatte im deutschen Verfahren auf sie aber verzichtet. Im Iran wäre ihre Erklärung aber nicht wirksam, soweit die Scheidung auf Antrag ihres Mannes ergehen würde und nicht einverständlich erfolgte. Allerdings hätte ihr Mann zumindest die weiteren Auswirkungen aber verhindern können, wenn er in Deutschland entsprechend erreicht hätte, für das Scheidungsverfahren iranisches Recht zugrundezulegen, Art. 5 VO 1259/2010, denn dann würde auch der Iran von einer einverständlichen Ehescheidung ausgehen, so dass der Verzicht auf die Morgengabe wirksam wäre. Beide Eheleute hatten neben der iran. Staatsangehörigkeit auch noch die deutsche Staatsangehörigkeit. Im Übrigen hätte er, wenn er Ansprüche tatsächlich erfüllen müsste, deren Erledigung davon abhängig machen können, dass die Ehefrau im Iran keine Forderungen stellt, Strafklausel, bzw. wenn sie das doch tut, die erhaltenen Beträge in Deutschland zurückgibt oder eine entsprechende Zusage erteilt. Nach dem OLG Celle, FamRB 2020, 46 ist der vor der Organisation für die Registrierung von Urkunden und Immobilien errichtete Vollstreckungstitel dort zur Leistung der Morgengabe bei uns jedenfalls nicht unmittelbar als Grundlage geeignet, weitere Maßnahmen einzuleiten, etwa zu vollstrecken, weil im Iran keine inhaltliche Prüfung erfolgt ist und nicht etwa die Tätigkeit eines dortigen Gerichts bewertet werden muss, § 107 ff FamFG. Deshalb muss die Frau, will sie ihre Ansprüche durchsetzen, in Deutschland selbstständig vorgehen, und das kann sie, wobei ihr Verfahrenskostenhilfe nicht verweigert werden kann, wiederum OLG Celle FamRZ 2020, 46. Ob sie erfolgreich ist, hängt davon ab, wie hoch die Morgengabe ist und wie die sonstigen Lebensverhältnisse der Beteiligten einzuschätzen sind, denn eine ruinöse Absprache kann unwirksam sein, § 138 Abs. 1 BGB.